Philosophischer Hintergrund:
Tantra basiert auf der Vorstellung, dass das Göttliche in allem existiert, einschließlich des physischen Körpers und der materiellen Welt. Es lehrt, dass spirituelle Erleuchtung nicht nur durch Askese und Verzicht erreicht werden kann, sondern auch durch die bewusste Einbindung des Körpers und der Sinne in die spirituelle Praxis.
 
Kundalini und Chakras:
Viele tantrische Schulen arbeiten mit dem Konzept der Kundalini, einer als schlafend angesehenen spirituellen Energie, die an der Basis der Wirbelsäule liegt. Ziel der tantrischen Praxis ist es oft, diese Energie zu erwecken und sie durch die Chakras (Energiezentren im Körper) aufsteigen zu lassen, um höhere Bewusstseinszustände zu erreichen.
 
Missverständnisse und Missbrauch:
In der westlichen Welt wird Tantra oft missverstanden und auf sexuelle Praktiken reduziert. Während einige tantrische Traditionen den physischen Akt als einen Weg zur spirituellen Vereinigung betrachten, ist Tantra insgesamt ein viel umfassenderes spirituelles System, das weit über die Sexualität hinausgeht. Es geht um die Transformation des Bewusstseins, die Überwindung dualistischer Sichtweisen und die Erfahrung der Einheit mit dem Göttlichen.
 
Rituale und Praktiken:
Tantrische Rituale beinhalten oft die Verwendung von Mantras (heilige Klänge), Yantras (heilige geometrische Diagramme), Mudras (symbolische Handgesten), Meditation, Atemtechniken (Pranayama), Visualisierungen und andere spirituelle Praktiken. Einige tantrische Traditionen beinhalten auch sexuelle Praktiken, die jedoch nicht auf den physischen Akt selbst beschränkt sind, sondern auf die spirituelle Transformation und das Erreichen höherer Bewusstseinszustände abzielen.
 
Verschiedene Schulen und Traditionen:
Tantra ist ein sehr weites Feld und umfasst verschiedene Schulen und Traditionen, sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus. Zu den bekannten Schulen gehören der Shiva-Tantra, der Shakti-Tantra und das Kundalini-Tantra im Hinduismus sowie der Vajrayana-Tantra im Buddhismus. Jede Tradition hat ihre eigenen spezifischen Praktiken, Rituale und Philosophien.
 
Integration des Alltäglichen:
Ein grundlegender Gedanke des Tantra ist die Vorstellung, dass das Göttliche in allen Aspekten des Lebens präsent ist, und dass spirituelles Wachstum nicht durch die Ablehnung des weltlichen Lebens, sondern durch dessen vollständige und bewusste Integration erreicht wird. Tantrische Praktiken lehren, das Heilige im Profanen zu erkennen und die Dualität von Körper und Geist zu transzendieren.